Ein Unterschied zwischen den Geschlechtern ist meiner Meinung nach das Verhältnis zum Sex und welche Voraussetzungen für den Tanz der Tänze gegeben sein müssen. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass ich auch mit Männern tollen Sex habe, die ich nicht leiden kann. Als Reaktion auf diese Information erhalte ich von weiblichen GesprächsteilnehmerInnen meist eine hoch gezogene Augenbraue.
Na gut, meistens bemerke ich die Abneigung erst hinterher, als sich vorhin zum Beispiel mein Hotel-Besucher in Atlanta als Trump-Supporter outete, während er seine Hose wieder anzog. Autsch. Vorher hatte die Hormon-Brille für eine entsprechende Fokussierung meiner Aufmerksamkeit gesorgt und die unsympathischen Teile ausgeblendet. Und wichtige betont.
Ich glaube eine Ausnahme meiner These vom voraussetzungsarmen männlichen Sex-Drive ist die Tatsache, dass ich mit Celine Dion nicht unbedingt schlafen möchte. Weniger weil sie mir unsympathisch wäre, es ist einfach nicht meine Art von Musik, etwas zu soft. Und auch wenn ich gleich von Celine-Fans unsoft verkloppt werde, so haben ihre Songs für meinen Geschmack immer etwas von Weichzeichner und zu viel Photoshop.
Eine Bestätigung meiner These hingegen war neulich ein Besuch in Tel Aviv. In dieser Stadt gewordenen Unterwäsche-Model-Flatrate fand ich so viele Typen heiß, dass meine Kolleginnen schon schmunzelten. Und die vielen Männer konnte ich unmöglich alle mögen. Die meisten blickten auch nicht gerade soft, und ich fand sie deswegen vielleicht sogar noch etwas geiler.
Etwas weniger geil fand ich einen Chat mit einem durchaus heißen Israeli, der meinte, er wäre horny und ein bisschen high. Mit dieser Nachricht einen Chat zu eröffnen, irritierte mich. Ich habe dann auch nicht mit ihm geschlafen. Beim Thema Drogen neige ich eh zum Verhalten eines 13-jährigen Teenagers. Ich möchte cool sein, aber es gelingt mir nicht so recht. Also fragte ich etwas unbeholfen, was ihn denn high machte und hoffte auf eine unerwartet berauschende Wirkung meiner neuen Nacktfotos oder zumindest eines Joints. Doch er schrieb nur G.
Nun weiß ich nicht mal, was G bedeutet – und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht besonders. Um andere Vorlieben dadurch nicht zu entwerten, muss ich an dieser Stelle wohl wie bei der Bewertung von Celines Musik zu einer klassischen Ich-Botschaft greifen: Drogen und Sex haben für mich ein ähnliches Verhältnis zueinander wie Geld und Sex. Für manche gehört es zusammen, für mich beschädigt das eine das andere. Und meistens ist es der Sex, der geschmälert wird. Denn ist Sex nicht gerade deshalb etwas unglaublich Schönes, weil es manchmal so geil ist, dass man die Hemmungen verliert? Es mag der einfachere Weg sein, sich vorher diese Hemmungen chemisch zu zerschießen. Aber im Leben ist die Abkürzung oft weniger befriedigend, weil es doch die Anstrengung ist, die den Lohn definiert.
Guter Sex, so wie ich ihn z. B. heute nacht mit Mr. Trump-Supporter hatte, besteht für mich darin, dass die Chemie zwischen beiden stimmt, die Rauferei auf den Laken heftiger wird, man sich langsam steigert, weil man merkt, dass da etwas zwischen beiden passt, wenn Botenstoffe und Rezeptoren miteinander kopulieren. Und wenn dann die Sicherungen raus fliegen. Dafür müssen die Sicherungen jedoch erst mal drin gewesen sein.
Komischerweise dachte ich nach der „G“-Antwort, dass meine einzige Droge Musik ist (in törichter Realitätsverkennung, dass meine E-Zigarette mittlerweile ein häufigerer Gast in meiner Hand ist als mein Smartphone oder mein Penis).
Und in der berauschenden Wirkung von Musik auf meine Stimmung sticht ein Lied besonders hervor. Alle Mann festhalten: Es ist Celine Dions A new day has come. Eine Schnulze, die mich zu einem wehrlosen 13-Jährigen macht. Ich möchte es eigentlich nicht gut finden, aber Celine fängt an, ihren sanften Song zu trällern und eine unsichtbare Hand schraubt an meinen emotionalen Sicherungen. Und während die kanadische Goldkehle sich dem hohen G-Punkt entgegen singt, werden meine Augen feucht und eine Euphorie stellt sich ein, wie beim Sonnenaufgang auf einem harten Nachtflug, wenn das Ende der Reise absehbar ist und die Heimat mit der warmen Umarmung meines Mannes naht.
Und vielleicht ist auch das ein Unterschied zwischen den Geschlechtern: Frauen wissen einfach besser, dass der Blick eines geliebten Menschen, das, was „all in the eyes of a boy“ ist, genauso euphorisierend sein kann wie G oder lakenzerraufendes Sicherungsziehen. Und sie machen sogar noch tolle Lieder daraus, denn scheiß drauf: Ich liebe dieses Lied!
Heute, einen Tag bevor die Toupet gewordene Ablehnung von Diversität Präsident der Vereinigten Staaten wird, ist es vielleicht umso wichtiger zu zeigen, dass Unterschiede dazu da sind, um voneinander zu lernen. Und das ist keine Ich-Botschaft. Es ist eine Aufforderung an meine geistigen Brüder, Schwestern und Unentschlossene, in den uns bevorstehenden dunklen Zeiten mit Trump, Le Pen, Höcke und Petry Kurs zu halten für die Vielfalt. Denn irgendwann kommt ein neuer Tag.
PS: Ist das Unterwäsche-Model im Video ab Minute 1:25 nicht der Knaller?